Beurkundungen in der Schweiz – ein Dauerbrenner

25.04.2018

Bei Unternehmenstransaktionen stellt sich häufig die Frage, ob die Beurkundung des Unternehmenskaufes oder der Umstrukturierung nicht auch in der Schweiz beurkundet werden kann. Beurkundungen in der Schweiz sind regelmäßig günstiger als Beurkundungen vor einem deutschen Notar.

Beurkundung von Transaktionen: die bisherige Praxis

In der Transaktionspraxis wird häufig davon abgeraten, da die Wirksamkeit einer solchen Beurkundung rechtlich nicht völlig zweifelsfrei ist. Insbesondere Private-Equity-Häuser wollen bei einer späteren Veräußerung des Portfoliounternehmens Rückfragen in der Due Diligence von etwaigen Käufern vermeiden.

 

Bis 2008 galt der Grundsatz, dass Anteilsübertragungen, die in der Schweiz beurkundet worden sind, wohl wirksam sind. Maßnahmen hingegen, die sich auf die Organisationsstruktur der GmbH auswirken, konnten nicht in der Schweiz beurkundet werden (z.B. Satzungsänderungen, Umwandlungen u.ä.). Dieser Grundsatz ging zurück auf einen Aufsatz des damaligen Richters im Zweiten Senat des Bundesgerichtshofs (BGH), Prof. Wulf Goette, der wortlautidentisch in mehreren Zeitschriften und Festschriften veröffentlicht wurde. Daher wurde diesem Aufsatz eine gewisse Signalwirkung für die Praxis unterstellt (so z.B. in der DStR 1996, S. 709 ff und in der Festschrift Boujong 1996, S. 141 ff).

 

Diese gefestigte Rechtspraxis wurde durch Änderungen im deutschen GmbH-Recht im Jahr 2008 (MoMiG, insbesondere die Einführung der Gesellschafterliste) und durch Änderungen im Schweizer Beurkundungsrecht wieder in Frage gestellt. Seither herrscht Unsicherheit, ob Abtretungen von Geschäftsanteilen noch wirksam in der Schweiz beurkundet werden können.

Neuere Entwicklungen zu Beurkundungen in der Schweiz

Mittlerweile verfestigen sich die Hinweise, dass derartige Abtretungen unverändert in der Schweiz beurkundet werden können. Bereits Ende 2013 hat der BGH entschieden, dass ein Schweizer Notar eine Gesellschafterliste, die eine vom ihm beurkundete Anteilsübertragung reflektiert, zum Handelsregister einreichen darf (Beschluss vom 17.12.2013, II ZB 6/13). Damals argumentiere der BGH, dass das Registergericht nicht detailliert zu prüfen habe, ob die Abtretung wirksam sei, sondern die neue Gesellschafterliste nur bei offensichtlicher Unwirksamkeit ablehnen dürfe. Dies sei bei einer Beurkundung in Bern jedenfalls nicht der Fall.

 

Eine noch weitergehende Entscheidung hat nunmehr das Kammergericht Berlin getroffen (Beschluss vom 24.1.2018, 22 W 25/16). Das Kammergericht hat es zugelassen, dass ein Schweizer Notar die Gründung einer deutschen GmbH beurkundet und diese Gründung zum Handelsregister in Berlin anmeldet. Das Kammergericht ging davon aus, dass die Beurkundung vor dem Schweizer Notar mit einer Beurkundung vor einem deutschen Notar gleichwertig ist und daher auch die Gründung einer GmbH in der Schweiz beurkundet werden könne.

Analyse der Entscheidung

Die Entscheidung des Kammergerichts ist bemerkenswert. Bislang galt die Differenzierung zwischen beurkundungsbedürftigen Geschäften, die nur zwischen den Parteien wirken (Anteilsabtretungen) und Beurkundungen, die die Organisation der GmbH selbst veränderten. Während bei ersteren eine Beurkundung in der Schweiz meist als zulässig angesehen wurde, war einhellige Meinung, dass letztere nicht in der Schweiz beurkundet werden können (und selbst bei ersteren bestand seit 2008 eine gewisse Verunsicherung, die auch durch die BGH-Entscheidung aus dem Dezember 2013 nicht völlig beseitigt worden war).

 

Nunmehr geht das Kammergericht in eine ganz andere Richtung und lässt sogar die Beurkundung von Organisationsstatut verändernden Maßnahmen in der Schweiz zu. Legt man die Logik des Kammgerichts zugrunde, so muss man die Beurkundung von Anteilsabtretungen in der Schweiz erst recht als zulässig ansehen.

Folgen für die Praxis

Die Entscheidung des Kammgerichts eröffnet die Möglichkeit, Umwandlungsvorgänge, wie Verschmelzungen und Umstrukturierungen, vergleichsweise preiswert in der Schweiz zu beurkunden. Dies ist auch deshalb charmant, weil mit der Eintragung im Handelsregister Zweifel an der Wirksamkeit der betreffenden Maßnahme behoben sind. Die gesetzlichen Vorschriften sehen regelmäßig vor, dass etwaige Fehler im Beurkundungsverfahren mit der Eintragung im Handelsregister geheilt sind. Sollte es also gelingen, unter Berufung auf die Entscheidung des Kammergerichts die Eintragung der betreffenden Umwandlungsmaßnahme im Handelsregister zu erreichen, so sollten danach keinerlei Rechtsunsicherheiten mehr bestehen. Ein solches Vorgehen sollte allerdings in jedem Fall zuvor mit dem zuständigen Registergericht abgestimmt werden.

 

Die Beurkundung in der Schweiz kann daher für derartige Umstrukturierungsmaßnahmen eine interessante Option sein. Allerdings muss man genau hinsehen: In der Schweiz ist das Beurkundungsrecht von Kanton zu Kanton unterschiedlich ausgestaltet. Die Entscheidung des Kammergerichts hat die Gleichwertigkeit des Beurkundungsverfahrens nur für das Kanton Bern festgestellt (und auch nur, weil der Notar dort die gesamte Urkunde verlesen hatte). Dies gilt daher nicht unbedingt auch für Beurkundungen in anderen Kantonen.