Mit der geplanten EU-Reform zu den Richtlinien 2009/102/EG und (EU) 2017/1132 (Gesellschaftsrechtsrichtlinie) (2023/0089/COD) sollen Unternehmensinformationen über die nationalen Grenzen hinaus zukünftig leichter zugänglich werden. Vor allem die Änderungen für das Europäischen Unternehmensregister und die Einführung der „EU-Gesellschaftsbescheinigung“ sollen bei internationalen Transaktionen zu einigen Erleichterungen führen.

I. Der Status Quo

1) Nationale Unternehmensregister

Die erste Anlaufstelle für Informationen über Unternehmen sind aktuell die nationalen Unternehmensregister. Die Mitgliedsstaaten verfügen bereits über mindestens ein digitales, öffentliches Register, in denen in der Regel die wesentlichen Unternehmensinformationen einsehbar sind. Seit Juni 2017 sind die Register der EU-Mitgliedsstaaten zudem über das Business Registers Interconnection System (BRIS) miteinander verknüpft. Dort können bereits einige Informationen über Unternehmen kostenfrei abgerufen werden (https://e-justice.europa.eu). Hier gibt es allerdings noch Informationslücken. Personenhandelsgesellschaften und z.B. Daten zum Unternehmensgegenstand sind nicht abgebildet.

Informationen aus dem deutschen Handels-, Genossenschafts-, Vereins- und Partnerschaftsregister sind seit dem 1. August 2022 kostenfrei verfügbar. Es machen jedoch nicht alle Mitgliedsstaaten den Zugang zu Informationen so einfach. Oft setzt die Einsicht in ein Register die Registrierung im Registerportal und die Zahlung einer Gebühr voraus. Auch der Umfang der einsehbaren Informationen variiert zwischen den Mitgliedsstaaten. In Irland kann etwa die wirksame Gründung einer Gesellschaft im Gesellschaftsregister nachvollzogen werden, Angaben zur Vertretungsberechtigung sind jedoch nicht einsehbar. Verlässliche Registerinformationen fehlen insbesondere auch für Gesellschaften in Zypern oder Malta.

2) Ständiger Bedarf an Informationen aus öffentlichen Registern

Informationen über Gesellschaften werden im Rechts- und Geschäftsverkehr ständig gebraucht. Entweder die Gesellschaft selbst hat Informationen gegenüber Behörden, Gerichten oder Banken bereitzustellen oder Nachweise zu erbringen. Oder ein Unternehmen möchte sich über Geschäftspartner oder Wettbewerber informieren. Das deutsche Handelsregister kann beispielsweise darüber Aufschluss geben, ob eine Gesellschaft ordnungsgemäß vertreten wird, und in welchem Geschäftsbereich eine Gesellschaft tätig ist. In der Regel darf man sich auf die Angaben im Register verlassen - der gute Glaube des Geschäftspartners ist geschützt.

Werden bei grenzüberschreitenden Angelegenheiten Nachweise über Unternehmensinformationen benötigt, ist derzeit in vielen Fällen die Mitwirkung eines Notars notwendig. Notare können nach Einsicht in ausländische Register eine Bescheinigung über das Bestehen der Gesellschaft und die Vertretungsberechtigung ausstellen, wenn das ausländische Register dem deutschen Handelsregister ähnlich ist (§ 21 Abs. 1 BnotO). Sind die benötigten Informationen auch für einen deutschen Notar nicht aus öffentlich einsehbaren Registern zu besorgen, arbeitet die Praxis häufig mit ausländischen Notarbescheinigungen. Für öffentliche Urkunden benötigen Unternehmen zudem häufig eine Bestätigung über die Echtheit der Urkunde in Form einer Legalisierung oder Apostille sowie eine deutsche Übersetzung. International tätige Unternehmen müssen hierfür ausreichend Zeit einplanen und mit zusätzlichen Kosten rechnen.

II. Erleichterungen durch die EU-Reform

Das neue europäische Recht verspricht, im internationalen Rechts- und Geschäftsverkehr einige Erleichterungen zu schaffen. Über das BRIS sollen zukünftig neben Informationen zu Kapitalgesellschaften auch Daten zu Personengesellschaften zugänglich sein. Da die Gesellschaften eine einheitliche europäische Kennung erhalten sollen (EUID), wird es leichter werden, sie registerübergreifend zu identifizieren.

Dank der EU-Gesellschaftsbescheinigung werden zudem Nachweise über den Bestand von Gesellschaften und die Vertretungsberechtigung voraussichtlich leichter fallen. Ein Antrag auf Erteilung der EU-Gesellschaftsbescheinigung kann über die nationalen Register oder das BRIS gestellt werden. Die darin enthaltenen Daten umfassen neben den Namen der Mitglieder der Geschäftsführung etwa  den Namen der Gesellschaft, die Rechtsform, die nationale Registernummer, den Unternehmensgegenstand und das gezeichnete Kapital. Die Mitgliedsstaaten werden zudem dafür Sorge tragen müssen, dass die Bescheinigung in sämtlichen Amtssprachen der EU anerkannt werden. Eine zusätzliche Legalisierung oder Apostille sowie eine Übersetzung werden somit für viele Fälle entbehrlich werden.

Am 24. April 2024 nahm das Gesetzgebungsverfahren mit der ersten Lesung im Europäischen Parlament einen weiteren Schritt. Darin stellte sich das Parlament auf den Standpunkt, dass auch Informationen über die durchschnittliche Anzahl von Angestellten der Unternehmen einfacher, also außerhalb der veröffentlichen Konzernabschlüsse, über das BRIS ersichtlich sein sollten. Auch befürwortete es, dass die Konzernstruktur von Unternehmen online benutzerfreundlich abgebildet wird. Ob es so weit auch tatsächlich kommt, bleibt aber noch abzuwarten.

III. Fazit

Die europäische Reform verspricht einen erleichterten Zugang zu Unternehmensinformationen. Auch der Existenz- und Vertretungsnachweis wird im internationalen Rechtsverkehr voraussichtlich leichter fallen. Nach derzeitigem Stand soll die EU-Gesellschaftsbescheinigung für die Unternehmen allerdings nur einmal im Jahr kostenfrei sein. Die nationalen Register können im Übrigen Gebühren erheben, wenn ansonsten „erhebliche negative Auswirkungen auf die Finanzierung des Registers“ zu befürchten sind. Das Gesetzgebungsverfahren ist derzeit noch im Gange. Bis zum Erlass der Reform könnten sich einige Details daher noch ändern. Es bleibt abzuwarten, welchen Mehrwert die neue EU-Gesellschaftsbescheinigung in der täglichen Praxis tatsächlich bringen wird.