Das Grunderwerbsteuerrecht sieht in den §§ 5, 6, 7 Abs. 2 GrEStG Steuerbefreiungen für Grundstücksübergänge von, auf und zwischen Gesamthandsgemeinschaften vor. Befreit sind insbesondere folgende Vorgänge:

  • Übergang von Gesamthand auf Gesamthänder (§ 6 Abs. 1 und 2 GrEStG)
  • Übergang von Gesamthänder auf Gesamthand (§ 5 GrEStG)
  • Übergang zwischen Gesamthandsgemeinschaften, soweit beteiligungsgleich (§ 6 Abs. 3 GrEStG)
  • flächenweise Teilung von Grundstücken einer Gesamthand (§ 7 Abs. 2 GrEStG).

Die Steuerbefreiungen enthalten jedoch sowohl Vor- als auch Nachbehaltensfristen, die an die Beteiligung am „Vermögen der Gesamthand“ geknüpft sind.

Bisher wurden die §§ 5, 6, 7 Abs. 2 GrEStG ohne Diskussion auf sämtliche rechtsfähige Personengesellschaften angewendet, d.h. auch auf offene Handelsgesellschaften (OHG) und Kommanditgesellschaften (KG), die seit jeher eigenständige Rechts- und Vermögensträger sind (§ 124 Abs. 1 HGB). Auch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) wird vom Bundesgerichtshof (BGH) seit mehreren Jahrzehnten als rechts- und grundbuchfähig anerkannt.

Durch das am 1. Januar 2024 in Kraft tretende Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG, BGBl. I 2021, 3436) wird der Begriff der Gesamthand weitgehend aus dem Gesellschaftsrecht entfernt, um die Gesetzeslage an die BGH-Rechtsprechung anzugleichen. Hierbei wird durch § 713 BGB neu klargestellt, dass auch die GbR ein eigenes Gesellschaftsvermögen hat.

Im Bereich der Grunderwerbsteuer ist eine Diskussion ausgebrochen, ob mit Inkrafttreten des MoPeG zum 1. Januar 2024 auch die Steuerbefreiungen in §§ 5, 6, 7 GrEStG nicht mehr für Personengesellschaften anwendbar sein könnten, da diese an den Begriff der „Gesamthand“ anknüpft, der zukünftig im Gesellschaftsrecht nicht mehr vorkommt. Einige Stimmen im Schrifttum befürchteten sogar einen „passiven“ Verstoß gegen die Nachbehaltensfristen in §§ 5 Abs. 3 Satz 1 und § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG allein durch das Inkrafttreten des MoPeG. Auf die im Markt entstandene Unsicherheit hat der Gesetzgeber nun reagiert.

Klarstellende Fristenregelung im Entwurf des Wachstumschancengesetzes

Im Regierungsentwurf zum Wachstumschancengesetz ist nun eine erste Regelung zum Umgang mit dem MoPeG im Grunderwerbsteuergesetz aufgenommen worden. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Nachbehaltensfristen in §§ 5 Abs. 3 Satz 1 und § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG durch das Inkrafttreten des MoPeG nicht verletzt werden, sondern regulär bis zum jeweiligen Fristende zu überwachen sind. An die Stelle des „Vermögens der Gesamthand“ soll das „Gesellschaftsvermögen“ treten.  Die Regelung zu den Fristen schafft zusätzliche Rechtssicherheit, auch wenn ein „automatischer“ Fristenverstoß durch das MoPeG kaum vorstellbar war.

Erheblichen Zündstoff enthält jedoch die Gesetzesbegründung zum Regierungsentwurf: Dort wird angeführt, dass der Regelungsinhalt der §§ 5, 6, 7 Abs. 2 GrEStG ab dem 1. Januar 2024 „ins Leere“ laufe und die Steuerbefreiungen „keinen Anwendungsraum“ mehr hätten, weil es für die Grunderwerbsteuer dann keine Gesamthand mehr gäbe.

Eine solche Auslegung wäre überraschend, denn nach der Gesetzesbegründung zum MoPeG (BT-Drs, 19/27635, 106 und 148) hat die Bereinigung der Regelungen zur Gesamthand nur klarstellenden Charakter. Die herrschende Meinung geht deshalb bisher von einer Fortgeltung der §§ 5, 6, 7 Abs. 2 GrEStG für Personengesellschaften aus.

Dennoch müssen sich Steuerpflichtige damit auseinandersetzen, dass § 5, 6, 7 Abs. 2 GrEStG im Jahr 2024 möglicherweise nicht mehr gewährt werden.

Implikationen für Steuerpflichtige – Die Lunte brennt…

Die Gesetzesbegründung zum Wachstumschancengesetz weist darauf hin, dass die Erörterungen zwischen Bund und Ländern, wie es mit den Steuerbefreiungen weiter gehen soll, noch nicht abgeschlossen sind. Es erscheint vorstellbar, dass der Gesetzgeber vor Jahresende noch einmal tätig wird (z. B. mit einer ausdrücklichen Streichung oder einer Anwendungsregelung, dass §§ 5, 6, 7 GrEStG vorerst weiter auf Personengesellschaften anzuwenden sind).

In der aktuell unsicheren Rechtslage sollten Steuerpflichtige prüfen, ob die Steuerbefreiungen in §§ 5, 6, 7 GrEStG für bereits geplante oder perspektivisch avisierte Übertragungsvorgänge in Anspruch genommen werden sollten. Sofern entsprechende Übertragungen vorgesehen sind, wäre zu prüfen, ob diese noch im Jahr 2023 vollzogen werden können. Denn bis Ende 2023 wären die Steuerbefreiungen nach der Regelung des Regierungsentwurfs noch anwendbar.

Was ab dem kommenden Jahr gilt, ist derzeit unsicher. Kurzfristiges Handeln könnte daher grunderwerbsteuerliche Belastungen in der Zukunft vermeiden – denn besser wird es (aller Voraussicht nach) nicht.