Eltern steht für ihre minderjährigen Kinder das umfassende Sorgerecht und als Teil davon die Vermögenssorge zu. Die Vertretung findet ihre Grenzen dann, wenn die Gefahr besteht, dass die Eltern nicht mehr zum Wohl des Kindes handeln, sondern eigene Interessen verfolgen. Die Wirksamkeit der jeweiligen Angelegenheit hängt dann von der Bestellung und Zustimmung eines Ergänzungspflegers ab, da die Eltern an der Vertretung verhindert sind. Zum 01.01.2023 wurde das Vormundschafts- und Betreuungsrecht reformiert. Die beiden hier aufgeführten Urteile sind bereits zur neuen Rechtslage ergangen.

Typische Anwendungsfälle der Bestellung eines Ergänzungspflegers

Typische Anwendungsfälle für die Bestellung eines Ergänzungspflegers sind Übertragungen von Wohnungseigentum an Minderjährige, da die Kinder in der Folge den Verpflichtungen der Wohnungseigentümergemeinschaft unterliegen. Ebenso ist ein Ergänzungspfleger zu bestellen, wenn ein Kind Immobilien an die Eltern veräußert. Auch im Gesellschaftsrecht können Ergänzungspfleger notwendig sein. Dies beispielsweise dann, wenn über die Entlastung eines Elternteils als Geschäftsführer in der Gesellschafterversammlung der GmbH, an der auch das Kind beteiligt ist, entschieden werden muss.

Keine Ergänzungspflegschaft bei Schenkung von Miteigentum an Grundstücken

Dem Beschluss des Bundesgerichtshof (BGH) vom 18.4.2024 (Az. V ZB 51/23) lag zu Grunde, dass der Vater ein Grundstück im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge je hälftig an seine beiden Kinder übertrug. Die Kinder wurden dabei jeweils vom Vater und der Mutter vertreten. Das Grundbuchamt verwehrte die Eintragung, da nach dessen Auffassung ein Ergänzungspfleger die im Namen der Kinder durch die Eltern erklärte Auflassung hätte genehmigen müssen. Grund seien die Rechte und Pflichten, die gegenüber dem Kind entstünden, das als Miteigentümer Teil einer Bruchteilsgemeinschaft würde. Der BGH stellte jedoch klar, dass bei der Schenkung von Miteigentumsanteilen an nicht vermieteten oder verpachteten Grundstücken von Eltern auf minderjährige Kinder keine Ergänzungspflegschaft notwendig sei, und zwar, weil die Minderjährigen aus dem Erwerb keine Nachteile ziehen würden. Der Fall sei nicht vergleichbar mit dem Erwerb von Wohneigentum, bei dem sich für das Kind Verpflichtungen der Wohnungseigentümergemeinschaft ergeben oder bei vermietetem Eigentum, bei dem das Kind die Rechte und Pflichten eines Vermieters übernehme.

Keine Ergänzungspflegschaft bei Geltendmachung des Pflichtteilanspruchs für das minderjährige Kind

Auch das Oberlandesgericht (OLG) Köln - Beschluss vom 17.4.2024 (Az. 10 WF 16/24) - hatte sich jüngst im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs des minderjährigen Kindes gegen den überlebenden Elternteil mit möglichen Interessenkonflikten und einer Ergänzungspflegschaft zu befassen. Das OLG Köln hält eine Ergänzungspflegschaft nur dann für notwendig, wenn eine konkrete Gefährdung des Kindswohls vorliegt, wobei eine Abwägung zwischen der Gefährdung des Pflichtteils und dem Familienfrieden stattzufinden hat. Die Abwägung fiel im konkreten Fall zu Gunsten des Familienfriedens aus, da die Kindsmutter mit dem Nachlassgericht kooperierte und den Nachlass zumindest grob überschlägig angegeben hatte. Ein abstrakter Interessenkonflikt wurde dabei als nicht ausreichend angesehen.

Fazit

Im Ergebnis stellen sowohl das OLG Köln als auch der BGH hohe Anforderungen an die Anordnung der Ergänzungspflegschaft und einen damit verbundenen Eingriff in das elterliche Sorgerecht. Die grundgesetzlich verbürgte elterliche Sorge kann nicht ohne Weiteres eingeschränkt werden. Dennoch hängen viele Konstellationen vom Einzelfall ab, und es ist Vorsicht geboten: Gerade bei Grundstücksgeschäften und im Zusammenhang mit Erbfällen handelt es sich oft um Grenzfälle, bei denen die Notwendigkeit der Bestellung eines Ergänzungspflegers nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Bei Grundstücksübertragungen sind die mit dem Erwerb einhergehenden Verpflichtungen für das Kind genau zu analysieren. Im Pflichtteilsrecht ist auf die Kooperation mit dem Nachlassgericht zu achten, um konkrete Anhaltspunkte für eine Interessenkollision auszuräumen.