Mit der Grunderwerbsteuerreform in 2021 wurden u. a. die grunderwerbsteuerlichen Vor- und Nachbehaltensfristen der Steuerbefreiungen für Grundstücksübertragungen von und auf Personengesellschaften von fünf auf zehn Jahre angehoben. Unklar ist indes in verschiedenen Fallkonstellationen, ab wann die verlängerten Fristen greifen. Die Auslegung der seinerzeit vom Gesetzgeber festgelegten Übergangsregelungen zur Anwendung der verlängerten Nachbehaltensfristen ist umstritten. Zu dieser Frage hat jetzt ein Gericht Stellung bezogen: Das FG Düsseldorf spricht sich gegen die Verlängerung der Nachbehaltensfristen von fünf auf zehn Jahre für vor dem 1. Juli 2021 verwirklichte Erwerbsvorgänge aus.

Hintergrund der Streitfrage und Sachverhalt der Entscheidung

Im vorliegenden Fall handelte es sich um eine Personengesellschaft, die in 2018 ein Grundstück auf eine andere Personengesellschaft übertrug. Da an beiden Gesellschaften dieselben Gesellschafter im identischen Umfang beteiligt waren, war der Erwerbsvorgang vollständig steuerbefreit (§ 6 Abs. 3 S. 1 GrEStG). Verringert sich nach dem Übergang des Grundstücks der Anteil des Gesamthänders am Vermögen der erwerbenden Gesamthand innerhalb der Nachbehaltensfrist, führt dies rückwirkend zum Wegfall der Steuerbefreiung und somit zu einer Änderung des ergangenen Grunderwerbsteuerbescheids.

Eine schädliche Verminderung liegt u. a. vor, wenn die erwerbende Gesamthand in eine Kapitalgesellschaft formgewechselt wird. Ein entsprechender Formwechsel erfolgte im vorliegenden Fall in 2023. Das Finanzamt vertrat, dass ein schädlicher Verstoß vorliege, da die Verminderung innerhalb von zehn Jahren nach der begünstigten Übertragung des Grundstücks erfolgte.

Das Finanzamt stützte seine Einschätzung auf eine Übergangsregelung zur Grunderwerbsteuerreform 2021, nach der sinngemäß die auf zehn Jahre verlängerten Vor- und Nachbehaltensfristen nicht zur Anwendung kommen, wenn die bisherige fünfjährige Frist bereits am 1. Juli 2021 abgelaufen war (§ 23 Abs. 24 GrEStG). Im Umkehrschluss sieht die Finanzverwaltung eine Anwendung der verlängerten Frist vor, wenn (wie im Sachverhalt) die alte fünfjährige Frist am 1. Juli 2021 noch nicht abgelaufen war. Diese Ansicht steht jedoch in einem Widerspruch zu einer anderen Übergangsregelung, nach der sinngemäß die verlängerten Fristen erstmals auf Erwerbsvorgänge anzuwenden sind, die nach dem 30. Juni 2021 verwirklicht werden (§ 23 Abs. 18 GrEStG).

FG Düsseldorf zum Verhältnis der Übergangsregelungen in § 23 Abs. 18 und 24 GrEStG

Das FG Düsseldorf widerspricht der Auffassung der Finanzverwaltung mit seinem Beschluss vom 9. September 2024 und vertritt, dass im streitgegenständlichen Sachverhalt kein Nachbehaltensfristverstoß vorliege, da die verlängerte Frist nicht zur Anwendung komme.

Nach der überzeugenden Ansicht des FG ist die zehnjährige Nachbehaltensfrist gem. § 23 Abs. 18 GrEStG erstmals auf nach dem 30. Juni 2021 verwirklichte Erwerbsvorgänge anzuwenden. Vorliegend sei diese Voraussetzung nicht erfüllt, da der maßgebliche Erwerbsvorgang bereits durch den Abschluss der notariellen Urkunde vom 19. Juli 2018 vollendet war.

Abweichend von der Verwaltungsauffassung macht das FG klar, dass es nicht Sinn und Zweck der Übergangsregelung in § 23 Abs. 24 GrEStG sei, Erwerbsvorgänge vor dem 1. Juli 2021 in die Anwendung der gesetzlichen Neuregelungen mit einzubeziehen. Abs. 24 stelle keine verschärfende Sonderregelung dar, sondern sei aus Gründen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes zusätzlich ergänzt worden. Dass § 23 Abs. 24 GrEStG in Bezug auf die verlängerte Nachbehaltensfrist in § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG leerlaufe, sei aufgrund des dargestellten Gesetzeszwecks hinzunehmen.

Bewertung und Praxisfolgen

Der Beschluss des FG Düsseldorf ist in der Sache überzeugend und zu begrüßen, da er den (scheinbaren) Widerspruch der Übergangsregelungen in § 23 Abs. 18 und 24 GrEStG zu den grunderwerbsteuerlichen Nachbehaltensfristen in §§ 5 und 6 GrEStG zugunsten der Steuerpflichtigen auflöst.

Die Entscheidungsgrundsätze dürften analog auch auf Fälle des § 5 Abs. 3 GrEStG, die Übertragung eines Grundstücks von dem oder den Gesellschafter(n) auf die Personengesellschaft, anzuwenden sein. Wenn bei derartigen Vorgängen die Übertragung bereits vor dem 1. Juli 2021 erfolgt ist, dürfte die fünfjährige Nachbehaltensfrist zur Anwendung kommen.

Steuerpflichtige, die von nachträglich festgesetzter Steuer aufgrund der verlängerten Nachbehaltensfrist nach § 23 Abs. 24 GrEStG betroffen sind, sollten sich hiergegen wehren. Auch im Rahmen der Steuerplanung erhalten Steuerpflichtige ein gewichtiges Indiz dafür, dass bei vor dem 1. Juli 2021 verwirklichten Erwerbsvorgängen mit einer fünfjährigen Nachbehaltensfrist in §§ 5 und 6 GrEStG geplant werden kann.

Vor dem Hintergrund des MoPeG und der zeitlich begrenzten Anwendung des § 24 GrEStG ist der Beschluss ebenso relevant. Bei Anwendung der fünfjährigen Nachbehaltensfrist sind Erwerbsvorgänge vor dem 1. Juli 2021 nicht von der derzeit unsicheren Rechtlage ab 2027 betroffen (siehe Blogbeitrag v. 20.12.2023).

Für die in §§ 6 und 7 GrEStG enthaltenen Vorbehaltensfristen hat dieser Beschluss hingegen keine Auswirkungen. Betroffen hiervon sind Grundstücksübertragungen von einer Personengesellschaft auf den oder die Gesellschafter. Bei diesen Übertragungen ist stets die zehnjährige Vorbehaltensfrist zu beachten, wenn die fünfjährige Vorbehaltensfrist am 30. Juni 2021 noch nicht abgelaufen war. Es entsteht insoweit kein Widerspruch zwischen den Übergangsregelungen, da der maßgebende grunderwerbsteuerbare Erwerbsvorgang nach dem 1. Juli 2021 erfolgt. Für entsprechende Vorgänge ist nach § 23 Abs. 18 GrEStG eindeutig das neue Recht anzuwenden.

Zu beachten ist, dass der vorliegende Beschluss des FG Düsseldorf die erste gerichtliche Einschätzung dieser Frage darstellt. Es ist zu erwarten, dass diese Auffassung auch von anderen Gerichten geteilt wird. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Finanzverwaltung hierzu positioniert.