Foreign Subsidies Regulation: EU-Meldepflicht für M&A-Transaktionen

16.10.2023 | FGS Blog

Seit letzter Woche gilt sie, die Meldepflicht für M&A-Transaktionen gemäß der sog. Foreign Subsidies Regulation, kurz: „FSR“. Die entsprechende EU-Verordnung 2022/2560 ist zwar bereits seit dem 12. Juli 2023 anwendbar, eine Meldepflicht für einschlägige Transaktionen besteht jedoch erst seit dem 12. Oktober 2023. Die FSR verpflichtet die an einem „Zusammenschluss“ beteiligten Unternehmen zu detaillierten Angaben insbesondere bezüglich der Finanzierung der Transaktion, sofern zuvor gewisse drittstaatliche Subventionen bezogen wurden. Bei Verstößen gegen die umfassenden Mitwirkungspflichten drohen Geldbußen von bis zu 10 % des jährlichen Gesamtumsatzes einer Unternehmensgruppe.

Hintergrund

Die Wettbewerbsfähigkeit der EU wird aktuell insbesondere durch die Milliarden-Investitionen der USA im Zuge des Inflation Reduction Act gefährdet. Die umfangreichen Anreize auf US-Bundes- und Bundesstaatenebene sowie die dort deutlich niedrigeren Energiekosten ziehen aktuell viele Investitionen an und schaden dem Wachstum des EU-Binnenmarkts. Damit die Subventionen der USA und anderer Drittstaaten nicht auch wettbewerbsverzerrend innerhalb der EU wirken, wurde mit der FSR sowie der zugehörigen Durchführungsverordnung ein Kontroll- und Abwehrinstrumentarium verabschiedet.

Zwar verfügt die EU innerhalb ihres Binnenmarkts bereits über ein System der Beihilfenkontrolle, das für alle Unternehmen faire Bedingungen gewährleisten soll. Dieses System erfasst bis dato aber nicht Subventionen aus Drittstaaten. Diese Subventionen sind daher geeignet, wettbewerbsverzerrende Wirkungen innerhalb der EU zu entfalten. Konkret denkt die EU dabei an drittstaatliche Subventionen, die Unternehmen in die Lage versetzen, besonders günstige Angebote im Rahmen öffentlicher Vergabeverfahren abzugeben oder aber die Finanzierung bestimmter Zusammenschlüsse zu ermöglichen. Für diese Fälle bestehen nun seit dem 12. Oktober 2023 gewisse Meldepflichten.

Wettbewerbsverzerrende M&A-Transaktionen („Zusammenschlüsse“)

Wettbewerbsverzerrend können „Zusammenschlüsse“ sein, die dadurch ermöglicht oder erleichtert werden, dass ein beteiligtes Unternehmen in den drei Jahren vor der jeweiligen Transaktion drittstaatliche Subventionen erhalten hat. Als Zusammenschlüsse können dabei u.a. der Erwerb von Unternehmen, Fusionen, öffentliche Übernahmeangebote oder auch die Begründung von Joint Ventures gelten. Drittstaatliche Subventionen im Sinne der FSR können alle erdenklichen Vorteile sein, die von Regierungen, Behörden oder anderen öffentlichen Einrichtungen gewährt werden und auf bestimmte Unternehmen oder Wirtschaftszweige beschränkt sind. Infrage kommen damit u.a. Zuschüsse, Kreditgewährungen, die Gestellung von Sicherheiten, Waren oder Dienstleistungen sowie die Gewährung von Steuerpausen oder anderen Steueranreizen.

Schwellenwerte für Meldepflicht

Als Arbeitserleichterung für die Auswahl zu begutachtender Transaktionen durch die EU-Kommission normiert die FSR eine Meldepflicht. Die an einem Zusammenschluss im obigen Sinne beteiligten Unternehmen müssen diesen melden, wenn eines der Unternehmen in der EU niedergelassen ist und die beiden nachfolgenden Schwellenwerte erfüllt sind: (1) Das in der EU niedergelassene Unternehmen hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr einen Nettoumsatz von min. 500 Mio. € auf dem EU-Binnenmarkt erzielt. (2) Eines der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen hat in den drei Jahren vor dem Zusammenschluss drittstaatliche Subventionen von mehr als 50 Mio. € erhalten.

Abseits der vorgenannten Schwellenwerte kann die Kommission eine Anmeldung eines Zusammenschlusses verlangen, wenn sie vermutet, dass die beteiligten Unternehmen in den drei Jahren vor dem Zusammenschluss drittstaatliche Subventionen erhalten haben könnten.

Prozess nach erfolgter Anmeldung eines Zusammenschlusses

Die eingegangene Anmeldung sichtet die Kommission im Rahmen einer „Vorprüfung“ und ordnet ggf. eine „eingehende Prüfung“ der Frage an, ob der jeweilige Zusammenschluss wettbewerbsverzerrende Wirkung hat. Nach der FSR soll diese mit größter Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, wenn die Mittel aus der drittstaatlichen Subvention den Zusammenschluss unmittelbar erleichtert haben. Die Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs obliegt zunächst der EU-Kommission.

Der gemeldete Zusammenschluss darf nicht vor Ablauf von 25 Arbeitstagen nach Eingang der vollständigen Anmeldung vollzogen werden. Diese Frist verlängert sich, falls eine eingehende Prüfung eingeleitet wird.

Stellt die Kommission eine wettbewerbsverzerrende Wirkung eines Zusammenschlusses fest, ergreift sie Abhilfemaßnahmen oder nimmt Verpflichtungszusagen der beteiligten Unternehmen zur Beseitigung der Verzerrung an und überwacht diese. Denkbare Maßnahmen sind dabei u.a. die Rückgängigmachung eines Zusammenschlusses, die Rückzahlung der Beihilfe (inkl. Zinsen), die Zugänglichmachung der erworbenen Vermögenswerte auch für andere oder aber die Beschränkung der Geschäftstätigkeit bzw. Anordnung zur Veräußerung von Vermögenswerten.

Wird keine wettbewerbsverzerrende Wirkung angenommen, erteilt die Kommission dem Zusammenschluss die Freigabe.

Rechtsfolge bei Verstößen

Kommt ein Unternehmen seiner Meldepflicht nicht nach, kann die Kommission Geldbußen und Zwangsgelder verhängen. Im Einzelfall kann die Geldbuße bis zu 10 % des im vorangegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes einer Unternehmensgruppe betragen.

Die Bußgeldvorschriften gelten auch, wenn ein meldepflichtiger Zusammenschluss vollzogen wird, obwohl eine Freigabe noch nicht erteilt war. In diesem Fall gilt das vollzogene Rechtsgeschäft bis zur Entscheidung darüber als ungültig.

Musterdokument für Anmeldungen nach der FSR

Für die Erfüllung der Meldepflicht erhält der Anhang der Durchführungsverordnung ein Musterdokument, das sog. Form FS-CO. Demnach müssen detaillierte Angaben insbesondere zur Finanzierung, Mittelherkunft und Besicherung erfolgen. Dies für alle drittstaatlichen Einzelsubventionen, die den Wert von mindestens 1 Mio. € erreichen. Anleitung dazu, wie der Geldwert einer Subvention im Einzelfall zu berechnen ist, bspw. bei der Stellung von Sicherheiten, erhält das Musterdokument indes nicht. Unternehmen werden hier aus Vorsichtsgründen eher zu viele Fälle melden müssen.

Die Vollständigkeit einer Anmeldung kann an teils banalen Formalitäten scheitern. So soll bspw. die Angabe einer allgemeinen Unternehmens-Mailbox (wie z. B. info@) zu einer unvollständigen Meldung führen können. Da die Abgabe einer vollständigen Meldung aber maßgebend für die Fristberechnung hinsichtlich der Vollzugsmöglichkeit eines Zusammenschlusses ist, sollten Unternehmen sich rechtzeitig und eingehend mit den entsprechenden Anforderungen befassen.