Das Thema Verrechnungspreise rückt insbesondere in Betriebsprüfungen immer mehr in den Fokus in- und ausländischer Finanzbehörden und Finanzgerichte. Vor diesem Hintergrund lohnt der Blick auf die internationale Rechtsprechung. In diesem Rückblick finden Sie einen Überblick über ausgewählte Rechtsprechung im Februar 2024.

Niederlande: Rechtbank v. 1.2.2024 in der Rs. MC Parts B.V.

Streitfall: (Keine) Erstattung von Zöllen bei Verrechnungspreisanpassung                                                                                                                                                                

Die niederländische MC Parts B.V. (Klägerin) vertreibt Ersatzteile und Zubehör, welche sowohl von verbundenen Unternehmen auf Basis der transaktionsbezogenen Nettomargenmethode (TNMM) als auch von unabhängigen Unternehmen geliefert wurden. Darüber hinaus hat die Klägerin verschiedene Dienstleistungen an verbundene Unternehmen auf Basis der Kostenaufschlagsmethode erbracht. Im Streitjahr 2016 zahlte die Klägerin eine Jahresendanpassung an ihre verbundenen Unternehmen, welche sie der Klägerin – abzüglich der durch die Klägerin geschuldeten Einfuhrabgaben - in Rechnung stellte. Für diese Einfuhrabgaben stellte die Klägerin im Jahr 2020 einen Antrag auf Erstattung.

Die niederländischen Zollbehörden lehnten den Erstattungsantrag mit der Begründung ab, dass der von der Klägerin gezahlte Betrag Teil des für die eingeführten Waren tatsächlich gezahlten Preises und daher Teil des Zollwerts sei. Entgegen der Ansicht der Klägerin argumentierten die Zollbehörden, dass es sich bei der Rechnung um eine Nachzahlung für Waren, die die Klägerin von ihren verbundenen Unternehmen erworben hatte, handelte.

Berufungsgericht urteilt zuungunsten des Steuerpflichtigen

Das Gericht wies die Berufung der Klägerin mit der Begründung zurück, dass die nachträgliche Hinzurechnung der Kosten zum Zollwert der eingeführten Waren grundsätzlich zulässig ist und die Zollbehörden einen Zusammenhang zwischen dem Transaktionswert der Waren und der späteren Zahlung im Rahmen der Jahresendanpassung plausibel dargelegt hatten. Schließlich stellt das Berufungsgericht fest, dass die Klägerin nicht hinreichend dargelegt hat, dass die Zölle zum Zeitpunkt der Zahlung nicht rechtmäßig geschuldet worden waren und daher zu erstatten wären.

Kenia: Tax Appeal Tribunal v. 9.2.2024 in der Rs. Beta Healthcare International Ltd.

Streitfall: (Keine) Anwendung der TNMM                                

Die kenianische Beta Healthcare International Ltd. (Klägerin) ist Teil der weltweit tätigen Aspen Healthcare Gruppe. Die Klägerin war auf den Gebieten der Herstellung von rezeptfreien pharmazeutischen Produkten und deren Verkauf sowohl an unabhängige Händler in Kenia als auch an verbundene Vertriebsunternehmen in Uganda, Ghana, Nigeria und Tansania tätig. Die Warenlieferungen an die verbundenen Unternehmen (tested party) wurden anhand der transaktionsbezogenen Nettomargenmethode (TNMM) mit der Nettogewinnmarge als Bezugspunkt bepreist. Die kenianischen Finanzbehörden nahmen eine Einkünftekorrektur vor, welche auf der Anwendung der Preisvergleichsmethode und den deutlich höheren Lieferpreisen an unabhängige kenianische Händler (interner Preisvergleich) basierte. Die Klägerin wandte sich gerichtlich gegen die von der Finanzbehörde vorgenommene Einkünftekorrektur und begründete dies damit, dass die Warenlieferungen an die kenianischen Händler einerseits und die verbundenen Unternehmen andererseits zwar vergleichbare Produkte betrafen, aber in Bezug auf Transport- und Versicherungskosten, Volumen, Kreditrisiken, Vertriebs- und Marketingaktivitäten, geographische Absatzmärkte etc. nicht hinreichend vergleichbar waren.

Entscheidung zuungunsten des Steuerpflichtigen

Das Tax Appeal Tribunal schloss sich mit Urteil vom 9.2.2024 (Az. [2024] KETAT 143 (KLR)) der Ansicht der kenianischen Finanzbehörden an und wies die Klage ab. Unter Verweis auf die OECD-Verrechnungspreisleitlinien stellte das Tax Appeal Tribunal fest, dass die Wahl der Alternativmethode durch die Finanzbehörden gerechtfertigt war. Die Preisvergleichsmethode sei die im Streitfall am besten geeignete Methode. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Klägerin ihren Mitwirkungspflichten im Rahmen der Betriebsprüfung nicht nachgekommen war und die von den Finanzbehörden angeforderten Nachweise nicht erbringen konnte.

Irland: Tax Appeals Commission v. 21.2.2024 in der Rs. Service Ltd.

Streitfall: Kostenbasis bei Dienstleistungen

Die irische Service Ltd. (Klägerin) hatte im Auftrag ihrer US-amerikanischen Muttergesellschaft auf Grundlage einer Dienstleistungsvereinbarung verschiedene Vertriebs-, Marketing- sowie F&E-Dienstleistungen erbracht, wofür sie auf Basis der Kostenaufschlagsmethode bzw. der transaktionsbezogenen Nettomargenmethode mit den Vollkosten als Bezugsgröße vergütet wurde. 

Für die Streitjahre 2015-2018 nahmen die irischen Finanzbehörden Verrechnungspreiskorrekturen vor. Hauptstreitpunkt war die steuerliche Behandlung von aktienbasierten Vergütungen (sog. share-based awards oder SBA), die die Muttergesellschaft einzelnen Mitarbeitern der Klägerin gewährt hatte. Die Muttergesellschaft hatte der Klägerin die SBA (zu Recht oder zu Unrecht) nicht in Rechnung gestellt, was nicht von den irischen Finanz­behörden aufgegriffen wurde. In Übereinstimmung mit den geltenden Rechnungslegungsstandards wurde jedoch der Marktwert der SBA in dem Jahresabschluss der Klägerin buchhalterisch berücksichtigt. Während Einvernehmen zwischen der Klägerin und den Finanzbehörden über die Eignung der Verrechnungspreismethode für die Bestimmung des Dienstleistungsentgelts bestand, vertraten die irischen Finanzbehörden die Ansicht, dass die SBA in die Kostenbasis des Dienstleistungsentgelts hätten einbezogen werden müssen. Hiergegen legte die Klägerin einen Rechtsbehelf bei der Tax Appeals Commission ein.

Entscheidung zugunsten des Steuerpflichtigen

Die Tax Appeals Commission entschied zugunsten der Klägerin mit der Begründung, dass der lediglich buchhalterische SBA-Aufwand der Klägerin keine wirtschaftlichen Kosten für die Klägerin darstellte und es daher auch keinen Grund gab, weshalb sie von ihrer Muttergesellschaft für diesen buchhalterischen Aufwand hätte vergütet werden müssen. Die SBA wurden von der Muttergesellschaft direkt an die jeweiligen Mitarbeiter der Klägerin ausgegeben und waren nicht Teil der arbeitsrechtlichen Vereinbarung zwischen diesen Mitarbeitern und der Klägerin.

Südafrika: Tax Court v. 14.2.2024 in der Rs. ABD Limited

Streitfall: Lizenzgebühren                                                                                                                                                            

Ein südafrikanisches Telekommunikationsunternehmen, die (anonymisierte) ABD Ltd. (Klägerin), hält in verschiedenen Ländern die Mehrheitsanteile an Tochtergesellschaften, die Telekommunikations­leistungen in dem jeweiligen Land eigenverantwortlich erbringen. Die ABD Ltd. gewährte diesen Tochtergesellschaften IP-Lizenzen für eine einheitliche Lizenzgebühr von 1% der Gewinne der Lizenznehmer. Im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Jahre 2009-2012 befanden die südafrikanischen Finanzbehörden, dass dieser gewinnbasierte Lizenzsatz je Lizenznehmer bzw. Land und im Zeitablauf hätte variieren müssen. Angemessene Lizenzsätze sollten demnach zwischen 0,8% und 9,2% variieren, wogegen die ABD Ltd. klagte.

Berufungsgericht urteilt zugunsten des Steuerpflichtigen

Die Argumentation der Klägerin stützte sich auf die Anwendung der Preisvergleichsmethode und den internen Preisvergleich. Dafür wurde auf eine Lizenzvereinbarung mit einem unabhängigen zypriotischen Lizenznehmer abgestellt. Zudem sollen höhere Gewinne der Lizenznehmer nicht in einem uneingeschränkten Interesse der Klägerin sein, da sich nicht unerhebliche Minderheitsanteile an den Lizenznehmer bei fremden Dritten befinden. Die südafrikanischen Finanzbehörden stützten sich dagegen auf die Gewinnaufteilungsmethode und die Bestimmung des Werts der lizenzierten Unternehmensmarke auf der Grundlage von Umfragen. Auf Basis dessen wurden sodann Markengewinne näherungsweise ermittelt, die anteilig auf die verbundenen Lizenznehmer aufgeteilt wurden – unter der Annahme, dass fremde Dritte einer solchen Gewinnaufteilung zugestimmt hätten.

Das südafrikanische Berufungsgericht urteilte zugunsten der Klägerin und begründete die Entscheidung mit der Anwendung der Preisvergleichsmethode und der Ablehnung der Gewinnaufteilungsmethode. Die Argumentation der Finanzbehörden überzeugte das Gericht auch deshalb nicht, weil bis auf einen in den V.A.E. ansässigen Lizenznehmer, dem ein ganzes Geschäftskonzept zur Nutzung überlassen wurde, die übrigen Lizenznehmer lediglich eingeschränkte Rechte auf Nutzung der lizenzierten Marke hatten, was so nicht von den Finanzbehörden berücksichtigt wurde. Mit dem Urteil wird die Preisvergleichsmethode für die Bestimmung fremdüblicher Markenlizenz und deren vorrangige Anwendung anerkannt.

Fazit

Die in diesem Blog-Beitrag diskutierte internationale Rechtsprechung zu Verrechnungspreisen lässt Streitthemen zur Erstattung von Zöllen bei Verrechnungspreisanpassungen, zum Nachweis fremdunüblicher Gewinnmargen und zur Markenlizenz erkennen.

Sprechen Sie gerne die Autoren oder Ihre gewohnten FGS-Kontakte an, wenn Sie die in diesem Blog-Beitrag diskutierte internationale Rechtsprechung zu Verrechnungspreisen ausführlicher erörtern möchten.