Unternehmensvermögen im Ehevertrag: Wie weit reicht die Offenlegungspflicht beim Zugewinnausgleich?

05.09.2024 | FGS Blog

Zur Ermittlung des Zugewinnausgleichsanspruchs bei Beendigung einer Ehe sind Vermögenswerte grundsätzlich umfassend offenzulegen. Dies zu vermeiden, ist zwar oftmals gewünscht, dennoch wird diesem Aspekt bei der Verhandlung von Eheverträgen nicht immer die nötige Aufmerksamkeit geschenkt.

Inwieweit das Vermögen offengelegt werden muss, wenn konkrete Vermögensgegenstände wie das unternehmerische Vermögen ehevertraglich umfänglich von der Berechnung des Zugewinnausgleichs ausgeschlossen wurden, beleuchtet eine neue Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle (OLG Celle, Beschluss vom 27. Februar 2024, 10 UF 40/23).

Unser Beitrag nimmt die Entscheidung zum Anlass, die Reichweite der gesetzlichen Auskunftspflicht und praktische Lösungsansätze darzustellen.

Hintergrund

Bei unternehmerisch tätigen Ehegatten besteht häufig das Bedürfnis, Beteiligungsvermögen von der Berechnung eines Zugewinnausgleichsanspruchs bei Beendigung der Ehe auszuschließen. Die Motive hierfür sind vielfältig: An vorderster Stelle steht regelmäßig der Wunsch, einen – mitunter existenzbedrohenden – Abfluss von Liquidität aus dem Unternehmen durch hohe Zugewinnausgleichsansprüche zu vermeiden. Mitunter soll auch schlicht vermieden werden, dass das Unternehmen zur Durchführung des Zugewinnausgleichs bewertet wird, sei es aus Gründen der Diskretion oder wegen der Komplexität und Streitanfälligkeit solcher Bewertungen. In vielen Fällen verpflichten sich Gesellschafter auch unmittelbar gesellschaftsvertraglich, eine entsprechende güterrechtliche Modifikation im Fall einer Eheschließung vorzunehmen.

In der Praxis wird das Beteiligungsvermögen aus dem Zugewinnausgleich durch Abschluss eines Ehevertrags herausgenommen. Ehevertraglich wird dann entweder der Güterstand der Gütertrennung (vollständige Trennung des Vermögens beider Ehepartner) oder eine sog. modifizierte Zugewinngemeinschaft vereinbart. Letztere bietet den Vorteil, dass die Ehepartner grundsätzlich weiter an dem während der Ehe erwirtschafteten Vermögen des anderen Partners teilhaben und die steuerlichen Vorteile bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer genutzt werden können, zugleich jedoch auch konkrete Vermögenspositionen von dem Zugewinnausgleichsanspruch ausgenommen werden können. Typischerweise wird dies in der Unternehmer-Ehe derart ausgestaltet, dass neben den konkreten Unternehmensbeteiligungen auch Surrogate (also Vermögenswerte, die an die Stelle eines Beteiligungswertes treten) sowie Ansprüche und Verbindlichkeiten des Ehepartners gegenüber entsprechenden Gesellschaften und Erträge aus dem Beteiligungsvermögen (insbesondere also Gewinn- und Kapitalausschüttungen, Dividenden, Zinsen) ausgenommen werden

Die Entscheidung des OLG Celle

In dem vom OLG Celle entschiedenen Fall waren ehevertraglich entsprechende Bestimmungen zugunsten des unternehmerischen Vermögens des Ehemanns geschlossen worden. Die Ehefrau begehrte nach der Trennung der Eheleute Auskunft über das Vermögen des Ehemanns (§ 1379 BGB), um die Höhe ihres Zugewinnausgleichsanspruchs zu ermitteln. Der über den konkreten Umfang der Offenlegungspflichten entstandene Streit veranschaulicht die Reichweite entsprechender Vereinbarungen:

Verdeutlicht wird durch die Entscheidung zunächst, dass es keine pauschale Antwort auf den Umfang der Auskunftspflicht gibt. Maßgeblich ist, welche Informationen der Zugewinnausgleichsberechtigte für die Ermittlung seines Anspruchs bedarf und ob daher die jeweilige Vermögensposition offenzulegen ist. Das Gericht gab den Parteien hinsichtlich des Ausschlusses unternehmerischen Vermögens vom Zugewinnausgleich jedoch einige Richtlinien an die Hand: Die gesetzliche Auskunftspflicht erfasst danach nicht solche unternehmerischen Vermögensgegenstände, die im Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrags dem Ausgleichsverpflichteten gehörten und sich eindeutig vom nicht ausgeschlossenen Vermögen abgrenzen lassen. Konkret erfasst dies die unmittelbaren Unternehmensbeteiligungen (einschließlich der hierfür gesondert geführten Konten) sowie bestehende Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber der Gesellschaft. Nach Ansicht des OLG Celle genügt es dafür, dass das Unternehmensvermögen dem Ehepartner bereits gehörte, auch, wenn dieses im Ehevertrag nicht eindeutig bezeichnet wurde, sondern allgemein auf das unternehmerische Vermögen verwiesen wurde.

Anders verhält es sich bei Gesellschaftsbeteiligungen, die während der Ehezeit erworben wurden sowie für Surrogate und Erträge aus bestehenden und neu erworbenen Beteiligungen. Solche Vermögenswerte lassen sich gegebenenfalls nicht eindeutig vom sonstigen, ausgleichsverpflichteten Vermögen abgrenzen. Dabei hat es jedenfalls das OLG Celle als unerheblich angesehen, ob es tatsächlich zu einer Vermischung von Vermögensmassen gekommen ist. Maßgeblich sei allein, dass bei später hinzu erworbenen Vermögenswerten eine erhöhte Unsicherheit über deren Zuordnung bestehe. Über entsprechende Vermögenswerte ist daher regelmäßig Auskunft zu erteilen.

Praktische Hinweise

Die Vereinbarung der modifizierten Zugewinngemeinschaft unter Ausschluss des unternehmerischen Vermögens stellt allein somit keinen vollständigen Schutz vor dem Offenlegen von Betriebsvermögen dar. Auch bei Vorliegen einer entsprechenden Klausel kann sich für den Ausgleichsverpflichteten eine Nachweispflicht über erhaltene Beträge, erlangte Surrogate etc. ergeben. Eine solche Transparenz kann praktisch durch die Vereinbarung eines sog. pauschalisierten Zugewinns vermieden werden. Hierbei wird eine konkrete Summe ehevertraglich festgelegt, die bei Beendigung der Ehe zu zahlen ist. Denkbar ist auch, dass der Zugewinnausgleich zwar tatsächlich berechnet wird, bei Zahlung bestimmter pauschaler Beträge aber eine konkrete Ermittlung unterbleiben kann. Eine Ermittlung des tatsächlich geschuldeten Zugewinnausgleichs erfolgt dann nicht mehr. Hierdurch wird ein hohes Maß an Diskretion erzielt. Die während der Ehezeit erfolgte Vermögensbildung kann durch ein gestuftes Anspruchssystem nachvollzogen werden, etwa indem sich der bei Beendigung der Ehe geschuldete Betrag in Fünf-Jahres-Schritten erhöht.

Da Eheverträge sowohl bei ihrem Abschluss als auch bei der Geltendmachung von Ansprüchen hieraus einer gerichtlichen Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle unterliegen, sollte sich die pauschalisierte Summe der Höhe nach an der realen Vermögensentwicklung orientieren.