Steuerliche Verluste von Kapitalgesellschaften werden am Ende eines jeden Veranlagungszeitraums gesondert festgestellt und stehen der Verrechnung mit künftigen Gewinnen offen. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn bei einer Kapitalgesellschaft ein sog. schädlicher Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c KStG vorliegt. Dieser liegt vor, wenn mittel- oder unmittelbar mehr als 50% der Anteile an einer Kapitalgesellschaft in einem Zeitraum von fünf Jahren an einen Erwerber (oder einen Erwerberkreis mit gleichgerichteten Interessen) veräußert werden. Neben einer Veräußerung sind vergleichbare Sachverhalte, etwa eine Kapitalerhöhung und damit einhergehende Veränderungen der Anteilsquoten, von der Norm des § 8c KStG erfasst. Ein schädlicher Beteiligungserwerb hat zur Folge, dass nicht ausgeglichene oder abgezogene Verluste, also nicht genutzte Verluste, vollständig untergehen und nicht mehr mit künftigen Gewinnen verrechnet werden können.

Bei Kommanditgesellschaften existiert mit § 15a EStG ebenfalls eine Beschränkung des unbegrenzten Abzugs von Verlusten durch Feststellung und Ermittlung eines sog. verrechenbaren Verlustes. Ein dem Kommanditisten zuzurechnender Anteil am Verlust einer Kommanditgesellschaft (KG) ist dann nicht mit anderen Einkünften aus einem Gewerbebetrieb oder anderen Einkunftsarten auszugleichen, sofern ein negatives Kapitalkonto bei der Gesellschaft entsteht oder sich erhöht. Der nicht ausgleichsfähige Verlust ist sodann als verrechenbarer Verlust gesondert festzustellen und kann mit künftigen positiven Einkünften aus der Beteiligung verrechnet werden.

Mit Urteil vom 24.04.2024 hat sich der IV. Senat des Bundesfinanzhofes (BFH) dazu geäußert, ob der Verlustuntergang nach § 8c KStG auch solche verrechenbaren Verluste i.S.d. § 15a EStG umfasst, die einer Kapitalgesellschaft als Mitunternehmerin einer KG zuzurechnen sind.

Hintergrund

Im Urteilsfall war eine GmbH an einer GmbH & Co. KG (KG) beteiligt. Alleinige Anteilseignerin der GmbH war eine AG. Bei dieser AG wurde im Jahr 2013 ein Insolvenzverfahren eröffnet. Auf Ebene der AG kam es in Folge eines Debt-Equity-Swaps im Jahr 2014 zu einem vollständigen Wechsel der Anteilseigner und somit zu einem schädlichen Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c KStG (a.F.). Aufgrund der mittelbaren Beteiligung wurde gleichzeitig ein schädlicher Beteiligungserwerb bei der GmbH ausgelöst. Das zuständige Finanzamt der AG ging davon aus, dass die Anwendung des § 8c KStG sich auch auf die verrechenbaren Verluste des § 15a EStG erstreckt. Diese Auffassung entspricht dem BMF-Schreiben vom 04.07.2008 (BStBl I 2008, 736, Tz. 2). Die KG stellte in ihrer Feststellungserklärung daher einen Untergang der verrechenbaren Verluste fest.

Nachdem der Feststellungsbescheid aufgrund einer fehlerhaften Gewinnverteilung geändert worden war, legte die GmbH als Mitunternehmerin der KG Einspruch ein und begehrte das Wiederaufleben des verrechenbaren Verlustes. Im Einklang mit der geltenden Verwaltungsauffassung lehnte das Finanzamt den Einspruch ab, woraufhin die GmbH Klage beim Finanzgericht (FG) Köln mit der Begründung einreichte, dass § 15a EStG nicht vom Anwendungsbereich des § 8c KStG erfasst werde. Darüber hinaus wurden verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Verlustbeschränkung des § 8c KStG geäußert. Das FG Köln gab der Klage mit Urteil vom 28.10.2021 (FG Köln v. 28.10.2021 – 1 K 2563/17, EFG 2022, 700) statt, woraufhin das Finanzamt Revision einlegte.

BFH-Entscheidung

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Dazu führt der IV. Senat aus, dass zwar zweifelsfrei ein schädlicher Beteiligungserwerb bei der GmbH vorliege. Eine Rechtsgrundlage für die Anwendung des § 8c KStG auf die verrechenbaren Verluste i.S.d.§ 15a EStG auf Ebene der KG sei allerdings nicht erkennbar.

Die Regelung des § 8c KStG betreffe nur Verluste von Körperschaften. Daher könnten § 15a-Verluste nicht von dieser Vorschrift erfasst werden. Die Abzugsbeschränkung des § 8c KStG würde nur dann bei Verlusten aus einer KG-Beteiligung eintreten, wenn diese Verluste auf Ebene der Körperschaft mit anderen Einkünften verrechnet werden würden und dadurch insgesamt negative Einkünfte entstünden.

Der Norm des § 8c KStG liege die Intention zugrunde, dass sich die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft durch das Engagement eines Anteilseigners definiere. Bei einem Wechsel der Anteilseigner sollten zuvor entstandene Verluste nicht mit dem wirtschaftlichen Engagement des neuen Gesellschafters vermischt werden. Daher sei eine Verlustabzugsbeschränkung für körperschaftsteuerliche Verluste erforderlich.

Zudem sei ein verrechenbarer Verlust i.S.d. § 15a EStG nicht unmittelbar nutzbar, sondern erst mit künftigen Gewinnen aus der Beteiligung an der KG zu verrechnen. Daher ergebe sich keine Subsumption der verrechenbaren Verluste unter § 8c KStG. Der BFH schloss ausdrücklich aus, dass eine Incentivierung für einen sog. Verlusthandel im Bereich verrechenbarer Verluste vorliegen könne, da diese so lange „wertlos“ seien, bis auf der Ebene der KG auch tatsächlich ein Gewinn festgestellt wird. Die Frage, ob die Vorschrift des § 8c KStG verfassungsgemäß ist, blieb dahingestellt.

Folgen für die Praxis

Das BFH-Urteil ist aus Sicht der Praxis zu begrüßen, da nunmehr – entgegen der Verwaltungsauffassung – Rechtssicherheit dahingehend besteht, dass die Norm des § 8c KStG nicht automatisch auf sämtliche Verluste einer Kapitalgesellschaft anzuwenden ist. Es ist folglich eine Differenzierung der Verluste erforderlich. Das Judikat des IV. Senat zeigt insbesondere auf, dass es an einer gesetzlichen Grundlage für die Anwendung des § 8c KStG für § 15a-Verluste fehlt, da die Beteiligungsebenen nicht zu vermischen sind.