Grenzüberschreitender Spendenabzug: Wann liegt Inlandsbezug vor?

16.07.2018

Seit der EuGH-Entscheidung im Fall Persche ( C-318/09) beschäftigen sich die deutschen Finanzgerichte mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Spendenabzug an eine EU-/EWR-Körperschaft im Rahmen des EStG abzugsfähig sein kann. Der EuGH hat in der Sache Persche dazu festgestellt: Die Abzugsfähigkeit einer Spende an eine gemeinnützige Körperschaft könne nicht von deren Ansässigkeit abhängen, weil dies gegen die europarechtliche Kapitalverkehrsfreiheit verstößt. Jeder Mitgliedstaat könne allerdings eigenständig entscheiden, unter welchen Voraussetzungen ein Spendenabzug möglich sei und welche formellen Nachweise ein Steuerpflichtiger dafür vorlegen müsse.

 

2010 führte der deutsche Gesetzgeber den Spendenabzug für Spenden an ausländische öffentlich-rechtliche Institutionen oder gemeinnützige Körperschaften mit Sitz in der EU/EWR ein. Voraussetzung war nicht nur, dass die Empfänger ebenfalls die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit nach deutschem innerstaatlichem Recht erfüllen müssten. Sondern die Tätigkeit musste sog. Inlandsbezug aufweisen. Danach ist erforderlich, dass bei einer Verwirklichung von gemeinnützigen Zwecken im Ausland die gemeinnützige Körperschaft entweder natürliche Personen mit Ansässigkeit in Deutschland fördert oder die Tätigkeit der gemeinnützigen Körperschaft auch zum Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland beitragen kann.

 

Im Einzelfall ist streitanfällig, wann ein Inlandsbezug gegeben ist. In der Rechtsprechung zeigte sich, dass seit Einführung des erweiterten Spendenabzugs in den meisten Fällen der Spendenabzug bereits an formellen Kriterien scheiterte. Das heißt, die Steuerpflichtigen konnten nicht ausreichend gegenüber der Finanzverwaltung nachweisen, dass die Empfängerkörperschaft im Ausland die Kriterien der Gemeinnützigkeit nach dem innerdeutschen Recht erfüllte. Der Spendenabzug bei ausländischen Empfängerkörperschaften schien damit praktisch unmöglich.

 

Dies führte zu einiger Kritik, u.a. am Erfordernis des Inlandsbezugs, das vom Finanzgericht Köln (9 K 3177/11) sowohl als verfassungswidrig („zu unbestimmt“) denn auch als europarechtswidrig angesehen wurde, weil dieses nur von inländischen Körperschaften erfüllt werden könnte. Das FG Köln ließ ausdrücklich die Revision zu, die nun vom Bundesfinanzhof folgte (X R 5/16).

Der Ausgangsfall

Eine Steuerpflichtige spendete an eine griechisch-katholische Pfarrgemeinde in Rumänien, die humanitäre, geistliche, religiöse, erzieherische wohltätige und kulturelle Zwecke verfolgt. Die Spende diente seinerzeit der Fertigstellung einer Kirche in einer rumänischen Gemeinde. Zum Dank wurde die Spenderin in Fürbitten erwähnt und auch ihr Name in den Altar eingraviert. In der örtlichen Presse erschien u.a. ein Artikel, der das Engagement der Spenderin erwähnte. Die Spenderin hatte zahlreiche Nachweise für ihre Spende bei ihrer deutschen Einkommensteuererklärung vorgelegt. Die Finanzverwaltung verweigerte einen Spendenabzug, weil es am Merkmal des strukturellen Inlandsbezugs bei der Empfängerkörperschaft fehle. Nach Auffassung der Finanzverwaltung fördere die rumänische Pfarrgemeinde weder in Deutschland ansässige Personen noch erhöhe sie das Ansehen Deutschlands. Die formellen Voraussetzungen für den Spendenabzug sind allerdings von der Finanzverwaltung als gegeben angesehen worden.

BFH bejaht grenzüberschreitenden Spendenabzug

Der BFH bejahte im Ergebnis den Spendenabzug, verwies in der Sache aber an das Finanzgericht Köln zurück. Da die Empfängerkörperschaft nur in Rumänien tätig war, verwirklichte sie ihre religiösen Zwecke nicht im Inland. Dadurch kann der Spendenabzug nur durch den sog. Inlandsbezug steuerlich anerkannt werden, wenn entweder in Deutschland ansässige natürliche Personen gefördert werden oder die Tätigkeit des Zuwendungsempfängers neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke auch zum Ansehen Deutschlands beitragen kann. Überraschenderweise ging der BFH nicht näher auf die Frage ein, ob es sich bei dem Tatbestandsmerkmal des Inlandsbezugs um eine verfassungs- oder europarechtswidrige Vorschrift handelt. Vielmehr war der BFH der Ansicht, dass die verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken dahinstehen könnten.

 

Der BFH bejahte den Inlandsbezug mit der Begründung, dass eine mögliche Ansehenssteigerung Deutschlands dadurch gegeben sei, dass die Steuerpflichtige in den Gottesdiensten der Kirche in Rumänien regelmäßig in die Fürbitten einbezogen wurde und ihr Name im Altar eingraviert worden sei. Dieses religiöse und finanzielle Engagement der Steuerpflichtigen kann damit auch mittelbar Deutschland zugerechnet werden und damit auch zum Ansehen Deutschlands beitragen. So geht der BFH davon aus, dass bereits eine finanzielle Unterstützung einer ausländischen gemeinnützigen Einrichtung durch eine inländische Privatperson zu einer internationalen Ansehenssteigerung führen kann.

Inlandsbezug bei grenzüberschreitendem Spendenabzug weiterhin unklar

Die BFH-Entscheidung mag im Ergebnis richtig sein. Allerdings ist sie auch unbefriedigend für die Spendenpraxis, weil das Tatbestandsmerkmal des Inlandsbezugs unklar bleibt. Es handelt sich nach wie vor um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in jedem Einzelfall auszulegen ist und immer wieder zu Unstimmigkeiten mit der Finanzverwaltung führen wird. Daher wäre es wünschenswert gewesen, wegen einer möglichen Verfassungswidrigkeit an das BVerfG oder wegen der Unionsrechtswidrigkeit an den EuGH vorzulegen, um eine Klärung herbeizuführen.

Ausblick und Handlungsempfehlungen zum grenzüberschreitenden Spendenabzug

Es wird dabei bleiben, dass bei grenzüberschreitenden Spenden an Empfängerkörperschaften strenge Nachweispflichten gelten. Es ist die Satzung der Empfängerkörperschaft zu prüfen, ob sie den deutschen Gemeinnützigkeitsanforderungen entspricht. Die einzige positive Erkenntnis aus der BFH-Entscheidung mag sein, dass der Begriff des Inlandsbezugs sehr weit ausgelegt werden kann. Insoweit dürfte bei Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung eine großzügige Auslegung zugunsten des Steuerpflichtigen darstellbar sein, wenn auch die Streitanfälligkeit bestehen bleibt. Feststeht allerdings, dass der Spendenabzug meist nicht nur am Inlandsbezug scheitert, sondern auch an anderen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit, wie z.B. am Gebot der Mittelverwendung, das für ausländische Körperschaften anders ausgestaltet sein wird. Für grenzüberschreitende Spenden bleibt daher nach wie vor der rechtssicherste Weg, Mittel an einen deutschen Spendensammelverein zu spenden, der sie nach § 58 Nr. 1 AO an ausländische Körperschaften weitergeben kann.