Erhebliche Kostenersparnis durch transmortale Vollmacht bei Immobilienumschreibung im Erbfall – OLG Nürnberg, Urteil vom 25.3.2024 – Az. 15 Wx 2176/23

02.10.2024 | FGS Blog

Wer in Deutschland Immobilien erbt, wird zwar unmittelbar durch den Erbfall Eigentümer, muss sich aber dennoch im Grundbuch als Eigentümer der Immobilie eintragen bzw. das Grundbuch umschreiben lassen. Grundbuchämter verlangen für die Eintragung der Rechtsnachfolge durch Erbfall (Grundbuchberichtigung) in der Regel einen Erbschein oder ein notarielles Testament, um die Berechtigung an der Immobilie nachzuweisen. Erbscheinverfahren sind allerdings häufig mit erheblichem Zeitaufwand und nicht unerheblichen Kosten verbunden, da sich die Kosten nach dem Nachlasswert richten und erst bei EUR 60 Mio. begrenzt sind (bei einem Nachlasswert von EUR 5.000.000 Mio. fallen bereits ca. EUR 16.000 Gebühren für den Erbscheinsantrag und die Erteilung des Erbscheins an). Mit vorausschauender Planung zu Lebzeiten des Erblassers kann nach einem neuen Urteil des OLG Nürnberg die kostspielige Beantragung eines Erbscheins vermieden werden. Befinden sich nämlich Immobilien im Nachlass, kann auch eine (transmortale) Vollmacht im Einzelfall die Berechtigung nachweisen. Die Kostenersparnis kann erheblich sein, da die auf die Vollmacht anfallenden Kosten auf maximal ca. EUR 2.400 begrenzt sind.

Legitimationswirkung einer transmortalen Vollmacht gegenüber den Grundbuchämtern

Hat der Erblasser seinem Erben eine solche über den Tod hinaus wirkende Vollmacht ausgestellt, benötigt der Bevollmächtigte keinen Erbschein zur Legitimation gegenüber dem Grundbuchamt, wenn er zusätzlich vom Verbot des Selbstkontrahierens nach § 181 BGB befreit ist. Er überträgt kraft wirksamer Vollmacht für die Rechtsnachfolger des Erblassers und erwirbt sodann in eigener Person. Problematisch wird es aber, wenn ein Alleinerbe gleichzeitig einziger Bevollmächtigter ist. Dann könnte die Vollmacht durch Konfusion erlöschen, da Vertreter und Vertretener (Alleinerbe) in einer Person zusammenfallen. Dem Urteil des OLG Nürnberg lag dieser Fall zugrunde:

Urteil des OLG Nürnberg vom 25.3.2024 – Az. 15 Wx 2176/23

Der 2022 verstorbene Ehemann der Antragstellerin hatte bereits 1990 eine notarielle Generalvollmacht ausgestellt. Diese sollte auch nach seinem Tod Gültigkeit behalten und befreite die Bevollmächtigte vom Verbot des § 181 BGB. Die Antragstellerin wurde Alleinerbin und im Nachlass befand sich eine Immobilie. Sie übertrug auf Grundlage der Vollmacht als Stellvertreterin des Erblassers die Immobilie auf sich als Erwerberin. Sie trat bei der Transaktion nicht als Erbin auf, sondern ausschließlich als Bevollmächtigte. Zu diesem Zeitpunkt lag noch kein Erbschein vor. Die Eintragung wurde sodann mit dem Verweis darauf verweigert, dass die Vollmacht durch Erbfall erloschen sei. Die Alleinerbenstellung ergebe insoweit ein Erlöschen der Vollmacht durch Konfusion, da Vertreter und Vertretener in Gestalt der Antragstellerin zusammengefallen seien. Ein Erbschein sei deshalb zwingende Voraussetzung.

Die Frage, ob eine solche Vollmacht auch bei Alleinerbschaft fortbesteht und die Notwendigkeit eines Erbscheins vor dem Grundbuchamt ersetzen kann, wird kontrovers diskutiert. Das OLG Nürnberg hat nunmehr die Übertragung des Eigentums einer Nachlassimmobilie kraft Vollmacht im vorliegenden Fall akzeptiert und geht nicht von einem Erlöschen der Vollmacht durch Konfusion aufgrund des Erbfalls aus. Entscheidend war dabei für das OLG Nürnberg, dass das Grundbuchamt ohne Erbschein nicht von einer Erbenstellung ausgehen konnte, da die Antragstellerin nur als Bevollmächtigte auftrat. Dadurch bestand weiterhin der Rechtsschein einer wirksamen Vollmacht und es lag kein Erlöschen der Vollmacht durch Konfusion vor. Das Gericht stellte klar, dass im Grundbuchverfahren die materielle Erbenstellung keine Rolle spielt, solange kein formeller Nachweis der Erbfolge vorliegt. Dies sei erst bei Vorlage eines Erbscheins der Fall. Das Zusammenfallen von Vertretenem und Vertreter in einer Person sei insoweit unerheblich, da dem Schutz des Rechtsverkehrs der Vorzug zu geben sei und die Antragstellerin sich im Ergebnis wirksam legitimiert habe.

Fazit

Das Urteil des OLG Nürnberg bietet eine deutliche Erleichterung für (Allein-)Erben, die über eine transmortale Vollmacht verfügen. Es setzt sich in der obergerichtlichen Rechtsprechung zunehmend die formellere Ansicht durch, dass das Grundbuchamt vom Fortbestehen der transmortalen Vollmacht auszugehen hat, bis ein Erbschein vorliegt. Erben können unter Umständen auf das kostenpflichtige Erbscheinsverfahren verzichten und trotzdem ihre Rechte als Erben vor dem Grundbuchamt durchsetzen.